Das Studium der Pflanzengeographie hat nicht nur zum Zweck, sich Kenntnisse zu erwerben über die Verbreitung der verschiedenen Pflanzengattungen und Familien über die ganze Erdoberfläche, sondern ganz besonders musz der Forscher auf diesem Gebiete sich es angelegen sein lassen, sich eine Einsicht in die Art und Weise zu verschaffen, wie diese Verbreitung zu Stande gekommen ist. Nun hat J. C. Willis während der letzten 26 Jahre eine Reihe von Aufsätzen veröffentlicht, in denen er zu zeigen suchte, dasz die Verbreitung der Pflanzen von allgemeingültigen Gesetzen beherrscht werde und unabhängig von sog. „Anpassungen” oder von besonders vorteilhaften Umständen, lokalen Verhältnissen gegenüber, vor sich gehe. Er betrachtet nämlich die Zeit als den Hauptfaktor für die Verbreitung und zwar weil diese alle Pflanzen auf dieselbe Weise beeinfluszt. Je älter eine bestimmte Gruppe ist, um so gröszer wird das von ihr eroberte Gebiet im Laufe der Zeit geworden sein, d. h. das von einer Pflanzengruppe bewohnte Gebiet ergibt einen Maszstab für deren Alter. Schon Lyell schrieb 1853: „Als allgemein gültige Regel kann man behaupten, dasz die in weit auseinander liegenden Gebieten vorkommenden Arten als die ältesten anzusehen sind.” Die verbreitetsten Gattungen und Arten in jeder Familie müssen deshalb als die ältesten innerhalb dieser Familie betrachtet werden und im allgemeinen werden die übrigen um so jünger sein, je nachdem sie ein kleineres Verbreitungsgebiet einnehmen. Nimmt man an, dasz die Zahl der entstandenen Arten mit der Zeit zunimmt, so geht daraus zugleich hervor, dasz die gröszten Familien und Gattungen, d. h. die mit der gröszten Zahl der Arten die ältesten sein dürften und daher die gröszte Bodenfläche behaupten werden. Diese Zusammenfassung von Willis' wichtigsten Resultaten bildet einen scharfen Gegensatz zu der vorherrschenden Meinung, die kleinern und meistens auf beschränktem Gebiet vorkommenden Genera und Familien sollten die ältesten und im Aussterben begriffen sein.