Im Jahre 1903 erschien in den Jahrbüchern für Wissenschaftliche Botanik von meiner Hand eine Arbeit über die physiologische Bedeutung einiger Glykoside. Die Untersuchung wurde angestellt mit Salix species ins besondere Salix purpurea L. und mit Aesculus Hippocastanum L., und es zeigte sich, dass sowohl das Salicin wie die Glykoside der ßosskastaniensamen als Eeservestoffe zu betrachten sind; ersteres wird beim Austreiben der Knospen konsumiert, letztere verschwinden während der Keimung. Beim Austreiben der Salix purpurea L. erscheint Saligenin, was auf eine Spaltung des Salicins, welche dem Verbrauch vorangeht, hindeutet; die Quantität ist jedoch so klein, dass ein anderer Stoff das endgültige, aromatische Spaltungsprodukt des Salicins sein muss und als solches betrachtete ich das Catechol. Dieser Phenolkörper kommt in allen Teilen der Salix purpurea vor und wie quantitative Untersuchungen ergaben, verhalten sich die Mengen Salicins und Catechols im entgegengesetzten Sinne; wenn das Salicin abnimmt, so nimmt das Catechol zu und umgekehrt; in einigen Fällen verhalten sich beide Veränderungen wie die Molekulargewichte. Durfte ich daher nicht sagen, dass das Catechol, nach der Spaltung des Salicins und Abgabe der daraus entstandenen Glukose an weiter gelegenen Zellen, in jeder Zelle lokalisiert bleibt und wieder neu zugeführte Glukose zu neuem Salicin bindet, also Pfeffers Hypothese bestätigt, dass die Verbindungen der Benzolderivate mit Kohlenhydraten zur Bildung schwer diosmierender Stoffe dienen; casu quo das Catechol aus dem Transportstoff Glukose den nicht diosmierenden, transitorischen Reservestoff Salicin bildet? Es war jedoch wünschenswert durch weitere Untersuchungen die Richtigkeit obenstehender Hypothese zu prüfen und auch mit anderen Objekten zu arbeiten, überdies mehrere Fragen zu lösen, die sich bei der Arbeit mit Salix purpurea aufgeworfen hatten. So blieb zum Beispiel die Bedeutung des Populins, eines Glykosids, das in Populus und ebenfalls in mehreren Salix Arten vorkommt noch völlig unbekannt und gelang es mir damals nicht ein Enzym aus Salix purpurea zu isolieren, das eine Spaltung des Salicins hervorrufen konnte, obschon mehrere Beobachtungen auf das Vorhandensein eines derartigen Enzyms hinwiesen.