Schon früher habe ich die Redaktion dieser Zeitschrift um Raum gebeten für eine Mitteilung über Vergrünung der Blüte bei Oenothera 1). Wenn ich dies heute nochmals tue, so geschieht dies in der Erwägung, dass mir in diesem Herbst ein weiterer Fall unter die Augen kam, der mir prinzipiell neu zu sein scheint und deshalb erwähnt zu werden verdient. Vergrünung der Blüte erwies sich als eine äusserst seltene Erscheinung bei den Oenotheren. Meines Wissens hat Hugo de Vries sogar nur zweimal einen Fall zu Gesicht bekommen. Einmal im Sommer 1890, als in seinem Versuchsgarten ein zweijähriger, blühender Zweig vergrünte, mit der Folge, dass der Samenertrag nahezu völlig verloren ging2). De Vries hielt diese Vergrünung für eine ansteckende Krankheit nach Analogie jener Fälle, wo Parasiten als Ursachen von Vergrünungen beobachtet worden sind. Seine zweite Beobachtung bezog sich auf ein Exemplar der O. subovata, einer Mutante der O. Lamarckiana, welches am Hauptstengel und an allen Seitenstengeln bis auf einen anstatt Blüten zahlreiche kleine, grün beblätterte Zweiglein in den Achseln der Blätter erzeugte, welche der Pflanze ein ganz eigentümliches Äussere verliehen 3). Diese Verlaubung war nach de Vries eine aus inneren Ursachen entstandene und keine pathologische Vergrünung, wie sie von Parasiten (Phytopten, Blattläusen, u.s.w.) hervorgerufen zu werden pflegt. Genau dieselbe Abweichung habe ich dann später in meinen Biennis-Kulturen auftreten sehen. Ganz anders dagegen und viel einfacher verhielt sich eine, offenbar ebenfalls, wenn auch in geringem Grade erbliche Vergrünung der Blüten, die Gates 4) beobachtete an zahlreichen Pflanzen einer zwischen 0. Lamarckiana und 0. grandiflora intermediären Rasse, die er Multiflora nannte. Das Hypanthium der hier noch immer in Einzahl in den Blattachseln sitzenden Blüten hatte sich nicht oder fast nicht entwickelt, der Kelch war blasenartig aufgetrieben und blieb geschlossen, die Kronenblätter gestalteten sich in der Form von grünlich gelben Schüppchen, während die Staubblätter klein und steril blieben und auch das Gynaecium mehr oder weniger in Reduktion begriffen, bisweilen aber in einen beblätterten Zweig umgewandelt war. Sonst kenne ich nur noch die Kurze Mitteilung von Masters auf S. 252 seines Werkes „Vegetable Teratology”, dass bei O. striata Frondescenz oder Virescenz der Blütenblätter beobachtet wurde, so wie eine Angabe von Penzig in seiner Pflanzenteratologie, dass unter den Pflanzenmissbildungen, welche in der Sammlung der Senckenbergischen naturforschenden Gesellschaft auf bewahrt werden, Vergrünungen der Blüten von O. stricta Ledeb. (O. striata Auct. var.), verbunden mit Spaltung des Kelches und der Carpelle, angetroffen werden.