Wir wissen heute immer noch nicht, weshalb eine Pflanze von einem Tier gefressen bzw. abgelehnt wird. Die Kenntnis dieser Ursachen aber ist von eminenter Bedeutung — nicht nur rein theoretisch, sondern auch für die verschiedenen Zweige der angewandten Biologie, insbesondere für das Gebiet des Pflanzenschutzes. Es ist bisher schon eine Reihe von aufschluszreichen Arbeiten zu diesem Thema erschienen, aber eine Lösung des Problems ist noch keinesfalls erfolgt. Es hat sich nämlich gezeigt, dasz sowohl Wasser-, Eiweisz-, Zuckergehalt usw. eine Rolle spielen oder auch bedeutungslos sind. Der Gehalt an Alkaloiden, Glykosiden usw. wird ebenfalls neuerdings wieder verantwortlich gemacht — ob zu Recht, ist m. E. noch nicht entschieden, zum mindesten gilt er für die meisten grünblatt-fressenden Schädlinge nicht. Auch die Festigkeit der Kutikula ist sicher nicht ohne Bedeutung. Bei den groszen Schwärmerraupen sowie bei unseren groszen, grünblattfressenden Schneckenarten ( Helix pomatia L., Arion empiricorum Fér.), welche mit hörbarem Geräusch bis zu ½ qcm grosze Blattstücke abreiszen und sich einverleiben, spielt die Stärke der Pflanzenoberhaut wohl nur eine sehr untergeordnete oder gar keine Rolle — für die vielen kleinen Arten ist sie aber sicher nicht gleichgültig. Durch die Untersuchungen von KOZANCIKOV wissen wir z. B., dasz die Raupen von Ocneria dispar L. das junge Frühjahrslaub bevorzugen bzw. nur auf ihm zur Entwicklung gelangen; derselbe Autor hat allerdings auch festgestellt, dasz im Gegensatz hierzu die Raupen des Eichenspinners nur auf dem ausgereiften Sommerlaub gedeihen: Ferner haben KENNEDY & BOOTH für Doralis fabae Scop. festgestellt, dasz das Alter der Blätter sich sowohl auf die Saugbereitschaft wie auf die Fruchtbarkeit dieser Blattlaus auswirkt. Weiterhin darf nicht auszer acht gelassen werden, dasz polyphage Tierarten zwar einen ziemlich groszen Wirtpflanzenkreis haben und sich auch auf den verschiedensten Pflanzenarten ernähren und entwickeln können, dasz sie aber meist nur eine oder wenige Lieblings futterpflanzen besitzen! Neuerdings haben das MÜHLE & FRÖHLICH wieder für den Würfelrüszler Liophloeus tessulatus Müll. gezeigt und treffend gesagt: „Sobald die Käfer eine zu ihrem Wirtspflanzenkreis gehörige Pflanze stoszen, beginnen sie zwar sofort mit ihrem Reifungsfrasz, scheinen dabei aber trotzdem unentwegt auf der Suche nach ihrer Lieblingsfutterpflanze zu bleiben.” Mit diesen Beispielen mag es sein Bewenden haben. Ich habe mich seit vielen Jahren bemüht, Tatsachen über die Nährpflanzenwahl unserer Schnecken beizubringen. Bis jetzt steht nur soviel fest, dasz der Wassergehalt der Pflanzen ein Faktor ist, der die Nahrungswahl beeinfluszt. Dieser Faktor ist aber für sich allein nicht ausschlaggebend, sondern erst in Koppelung mit anderen, über die wir noch nicht viel wissen. Für die Nacktschnecke Limax flavus L. konnte ich 1951 ermitteln: „In seinen Geschmacksempfindungen reagiert das Tier auf süsz, salzig und bitter (sauer konnte leider nicht geprüft werden), doch lassen sich zu dem menschlichen Geschmack nur sehr bedingt Parallelen feststellen.” (vgl. auch die Ergebnisse mit der gehäusetragenden Landschnecke Achatina hamillei Smith, 1941).