1936
De herkomst van de Zinkflora aan de Geul
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Nederlandsch kruidkundig archief. Serie 3 , Volume 46 - Issue 3 p. 878- 897
Die Galmeiböden, deren Vegetation Gegenstand dieser Betrachtung ausmadht, finden sich in weitem Bogen um Aachen herum von Eschweiler etwa über Stolberg, Kornelimünster auf deutschem, weiter über Hergenrath, La Calamine, Moresnet, Bleyberg und Sippenaken auf belgischem, und über Epen bis Mechelen auf niederlandischem Gebiete. Einige Stellen liegen aucb weiter südwestlich die Vesdre entlang bis nach Tiheux. In diesem Umkreise gibt es sehr zahlreiche, aber kleine, zerstreute Galmeistellen, fast ausnahmslos Schutthalden und alte Grubenrander früherer Blei- und Zinkbergbaustatten und deren nadhste Umgebung. Im deutschen Teil des Gebietes sind diese Gruben samtlich seit Jahren verlassen, nur die belgischen von la Calamine (Altenberg) und Bleyberg sind noch in vollem Betrieb. Dort trifft man auf den machtigen alten und frischeren Schutthalden die Galmeipflanzengesellschaft, das Violetum calaminariae (Schwickerath), in schönster Ausbildung. Wahrend also dort überall diese Assoziation nur künstliche Standorte, sozusagen als Ruderalgesellschaft besiedelt, findet sie sich auf niederlandischem Gebiete in anderer Ausbildung, eigentlich mehr naturgemass. Hier ist sie n.l. gebunden an die Ufer des Geulbaches, genau bis zur Grenze des Überschwemmungsgebietes, soweit als zinkhaltiger Schlick vom Flusswasser abgesetzt wird. Dadurch ist eine andere Physiognomie, auch eine etwas geanderte floristische Zusammensetzung bedingt, in dem Sinne, dass sie hier eine geschlossene Vegetationsdecke, eine Wiese bildet. Das auffallige Fehlen der Alsine verna innerhalb unserer Landesgrenze erklart sich wolhl daraus, dass diese Spezies sich nur In offener Vegetation, nicht in einer Grasmatte halten kann. Die übrigen Charakterarten der Assoziation: Viola lutea var. calaminaria, Thlaspi alpestre var. calaminare, Armeria elongata, Silene inflata und Festuca ovina var. sind alle in üppiger Ausbildung vorhanden, nur hier und da in den letzten Jahren durch Düngung beeintraditigt. Stete Begleiter sind auch hier Campanula rotundifolia, Polygala vulgaris. Rumex acetosa. Ein auffalliger Unterschied ist dagegcn noch, dass Agrostis vulgaris zur Dominanz gelangt, wahrend Bromionarten ganzlich zurücktreten. Für die Herkunft der Galmeipflanzen haben verschiedene Autoren schon auf die alpine Verwandtsdhaft der Charakterarten hingewiesen. Aug. Schulz geht darin so weit, dass er u.A. Viola lutea, Alsine verna und Thlaspi alpestre in der Ebene als Glazialrelikte bezeichnet, deren ganze liwasionsgeschichte er in scharfsinniger, aber ganz spekulativer Weise rekonstruiert. Dem Verf. ist die sehr grosse Übereinstimmung in Aspekt und Zusammensetzung gerade der niederlandischen alluvialen Fazies mit der Vegetation alpiner Bachwiesen i.c. des Berninabaches (Flazbaches) bei Pontresina (Photo Nr. 12) aufgefallen. Auch dort sind es Festuca ovina, mit gelber Viola, Thlaspi alpestre und Silene inflata, welche der Wiese lm Frühsommer den Farbenton verleilhen. Bei genauerer Beobachtung zeigen sich aber grosse Unterschiede. Erstens gehören sowohl Thlaspi, als Festuca zu anderen Unterarten;. Silene inflata ist gar nicht auf diese Bachwiesen beschrankt. Aber gar erst die Viola, die ist dort nicht lutea, sondern V. tricolor var. alpestris. Trotz alledem ist m.E. die Übereinstimmung nicht eine zufallige, sondern geradezu ein Beweis für die alpine Herkunft der Assoziation, bezw. ihrer Charakterarten. Man darf nicht ohne weiteres annehmen, dass die Galmeiflora erst nach Anfang des Bergbaubetriebes durch den Menschen sidh hier eingestellt haben kann, so sehr sie auch dadurch in ihrem Lebensraum als Ruderal-flora gefördert worden ist. Die Erzlagerstatten sind n.l. an Verwerfungsspalten im Kohlenkalk- und Devonkalkgestein gebunden, welche auch oberflachlich anstehen. Gerade in der erzreichen Gegend von Moresnet bricht die Geul sich schludhtartig durch solche Spaken im Kalksteingebirge und wird von altersher daraus metallhaltige Teile aufgenommen und weiter unten in ruhigerem Überschwemmungsgebiete sedimentiert haben. Die alpine Staudenflora kann sich hier nach der letzten Eiszeit etwa in dem praeborealen Zeitabschnitt, an baumfreien Stellen (Steilhangen, Flussufern) inmitten des Birken-Föhrenwaldes angesiedelt haben. Mit den spateren Klimaanderungen werden nur wenige Arten davon sich hier gehalten haben, und zwar solche, die durch bestimmte Eigenschaften an günstigen Stellen der Konkurrenz warmebedürftigerer Arten gewachsen waren, i.c. durch etwas grössere Toleranz für Metallsalzgehalt des Bodens. Dass sie in spaterer Zeit von den Alpen hierher gebracht worden seien, ist schon für jede der Arten für sich unwahrscheinlich, für alle zusammen geradezu unannehmbar, denn i. gibt es keine Standorte in der zwischenliegenden Ebene, 2. ihaben sie keine flugfahigen oder sonst leicht yerschleppbaren Samen, 3. sind es nicht genau dieselben Arten, hier, wie in dem alpinen Hauptareal. Eben diese Artverschiedenheit ist nicht ein Beweisgrund gegen, sondern dher für die Annahme postglazialer Einwanderung aus den Alpen. Sie weist n.l. daraufhin, dass die Distanz, auch in der Zeit, grossist. Die Unterschiede sind ja gerade gross genug, um systematisch als Varietatsmerkmale verwertbar zu sein, und zugleich klein genug, um in jenem Zeitraum entstehen zu können. Nur für die Viola lutea var. calaminaria trifft das Alles nicht zu! Viola lutea ist keine eigentliche Alpenpflanze. Als Stamman kame, ihrer Verbreitung nach, vielmehr die, übrigens auch sehr ahnliche Viola tricolor var. alpestris in Betracht. Das Galmei-Yeilchen wird aber von allen Systemarikern, auch von dem Spezialisten W. B,e cke r, zu V. lutea gerechnet. Die Gründe dafür sind aber m.E. nicht zwingend, denn alle Merkmale: Blütenfarbe, Form der Nebenblatter, Behaarung, Pollengrube, Perennieren mit verastelten und vielköpfigen, dünnen, straffen Stengeln, kann man genau so wiederfinden bei Formen der V. tricolor s. 1. Der zytologische Befund scheint eine Überbringung des Galmeiveilchens nach V. tricolor zu verhindern. Es ist aber von verschiedenen Autoren, denen auch W. B e c k e r sich zuletzt angeschlossen hat, die Viola alpestris als eigene Art von V. tricolor abgetrennt worden und zwar sowohl aus zytologisdhen, wie aus geographischen und systematisch-morphologischen Gründen. Schon 1897 ist dies von V. Br. Wi 11 ro c k geschehen. Dieser Autor betrachtet sogar seine Viola alpestris als die Stammart, von der sowohl V. tricolor und V. arvensis als V. lutea, auch V. calcarata abzuleiten sind. Als Beweisgründe dafür können geiten dass grosse und zentrale Verbreitungsgebiet, die grosse Variabilitat der Merkmale, die zahlreichen und vielgestaltigen Formen und vielleicht auch noch die niedrige Grundzahl der Chromosomen. Vermittels dieser Auffassung von Wi 11 ro c k komme ich dazu unser Galmeiveilchen von V. lutea abzutrennen und als eigene (endemische) Spezies Viola calaminaria Lej., unabhangig von V. lutea aus der subalpinen Stammart V. alpestris entstanden, zu betrachten. Hiermit fügt sich dann auch das Veilchen ridhtig in unsere Deutung, geradezu als Beweisgrund für die Bezeichnung der ganzen Galmeiassoziation — d.h. ihrer treuen Arten — als Glazialrelikt. Besser, wenigstens genauer, sprechen wir von einem postglazialen, praeborealen oder (sub-)alpinen Relikt. Der Bezeichnung als Relikt widerspricht natürlidh nicht die jedesmal wiederholte Übersiedlung dieser Flora von der einen zur anderen der vom Menschen neugeschaffenen schwermetallreichen Ruderalstellen, ebensowenig wie die eventuelle Neubesiedlung der von den Flüsschen niedergelegten Sedimente. Für diese Bezeichnung müssen wir n.1. das ganze rlheinisch-belgisch-limbürgische Galmeigebiet insgesammt als Teilareal oder Exklave betrachten, das seit der erwahnten Zeit standig vom alpinen Hauptareal getrennt geblieben ist.
| Additional Metadata | |
|---|---|
| Nederlandsch kruidkundig archief. Serie 3 | |
| CC BY 3.0 NL ("Naamsvermelding") | |
| Organisation | Koninklijke Nederlandse Botanische Vereniging |
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J. Heimans. (1936). De herkomst van de Zinkflora aan de Geul. Nederlandsch kruidkundig archief. Serie 3, 46(3), 878–897. |
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