Nach der Trockenlegung des Wieringermeer-Polders, des ersten Polders der ehemaligen Zuiderzee, wurde das Neuland von einem sich schlagartig ausdehnenden Unkrautwuchs überzogen, der sich z.T. nur schwer und unter betrachtlichem Kostenaufwand bewaltigen liess. Um bei dem nachher in Angriff genommenen Noord-Oost-Polder die Verunkrautung des Neulandes möglichst zu unterbinden, bat die Botanische Versuchsanstalt des „Noordoostpolder” zu Kampen unter Leitung von Dr. Ir. W. Feekes Untersuchungen angestellt nach den Verbreitungsmöglichkeiten dieser Unkrauter, um auf Grund der Ergebnisse geeignete Bekampfungsmassnahmen treffen zu können. Da die Neubesiedlung ihre Komponente ganz bestimmten Pflanzengesellschaften entnimmt, vor allem dem Scirpetum maritimae, dem Scirpeto-Phragmitetum und dem Bidentetum, war es angebracht diese Gesellschaften in ihrer Verbreitung in der Nahe des N. 0.-Polders kartenmassig zu erfassen, könnten sie doch als Infektionsherde ihre Bedeutung haben. Verfasser erhielt den Auftrag diese Kartierung durchzuführen. Auf Anregung der Herren Dr. Ir. W. H. Diemont und Ir. G. Sissingh, die ihn in die Methodik der Braun’schen Schule einführten, wurde diese Kartierung mit einem pflanzensoziologischen Studium der Röhrichtgesellschaften verbunden. Im Anfang wurde nur das engere Gebiet in der Umgebung des N. 0.-Polders untersucht, jedoch bald erwies es sich als notwendig die örtlichen Resultate auf ihre regionale Gültigkeit zu prüfen, einerseits durch Beobachtungen in anderen Teilen Hollands, anderseits durch ein eingehendes Literaturstudium. In der vorliegenden Arbeit sind der Phragmition-Verband und die zugehörigen Gesellschaften besonders hervorgehoben worden. Dabei steilte sich heraus, dass dieser von W. Koch (1926) aufgestellte Verband in sich nicht ganz einheitlich ist; von den ihm zugestellten Gesellschaften nimmt vor allem das Glycerieto-Sparganietum neglecti (W. Koch 1926) eine seiner floristischen Zusammensetzung und Oekologie entsprechende Sonderstellung ein, welche seine Abtrennung vom Phragmition und Eingliederung in einen selbstandigen Verband: das Glycerieto-Sparganion berechtigt. Diese Auffassung wird nach mündlicher Mitteilung Sissinghs von Dr. J. Braun-Blanquet und ihm vertreten. Die Ordnung der Phragmitetalia lost sich somit auf in drei Verbande: das Glycerieto-Sparganion (Br.Biet Sissingh, AU. nov.), das ( Eu)-Phragmition (W. Koch 1926 ex Br.Bi- et Sissingh) und das Magnocaricion elatae (W. Koch 1926) (Vgl. dazu Tab. VIII, S. 284). Das Glycerieto-Sparganion ist in Holland durch 2 Assoziationen vertreten: das Glycerieto-Sparganietum neglecti (vgl. Tab. I, S. 241) und das Heliosciadietum nodiflori. Erstere Gesellschaft findet sich öfters in mit fliessendem nahrstoffreichem Wasser gefüllten Graben. Das seltene Heliosciadietum scheint klare und kalte Quellwasserbache vorzuziehen. Das (Eu)-Phragmition, das sich in stehenden Süss- und Brackwassern entwickelt, umfasst 3 Assoziationen: das Scirpetum maritimae (Wi. Christiansen 1934) Tx. 1937, das Scirpeto-Phragmitetum (W. Koch 1926) und das Cicuteto-Caricetum pseudocyperus (Boer et Sissingh, ass. nov.). Das Scirpetum maritimae (vgl. Tab. 11, S. 252) weist, jenachdem das Wasser mehr oder weniger brackisch und der Boden sandiger oder lehmiger ist, 4 Untergesellschaften auf, von denen 3 in Holland festgestellt wurden. Der Typus der Assoziation wird vom Scirpetum maritimae typicum dargestellt, das von ziemlich stark salzhaltigem Wasser überflutete anlehmige Boden besiedelt. Dagegen findet sich die Subassoziation von Alisma Plantago-aquatica (Boer, subass.nov.), die sich mit abnehmender Wassentiefe in eine Initial-, Optimal- und Endphase gliedert, in den fast süssen Gewassern in nachster Ufernahe der ehemaligen Zuiderzee. Ihre Differentialarten entnimmt diese Untergesellschaft dem Scirpeto-Phragmitetum, mit dem sie durch gleitende Übergange verbunden ist. Im seichten Brackwasser entwickelt sich auf gelegentlich trockenfallenden Sandböden aus dem Typus eine dritte Untergesellschaft, die Subassoziation von Puccinellia distans (Boer et Feekes, subass. nov.). Ihre Differentialarten sind übergreifende Arten der Spergularia salina-Assoziation. Die von Libbert (1940) beschriebene Subassoziation von Oenanthe Lachenalii, auf kalkhaltigen Schlickböden im Brackwasser, konnte bisher in Holland nicht mit Sicherheit nachgewiesen werden. Für die Sukzession vgl. Schema 11, S. 293. Innerhalb des in Holland weitverbreiteten und an eutrophen bis mesotrophen Gewassern gebundenen Scirpeto-Phragmitetum (vgl. Tab. 111, S. 259) sind, von der Wassertiefe bedingt, 3 Phasen zu unterscheiden, von denen die Optimalphase dem Typus der Assoziation entspricht. Wahrend die Initialphase dauernd in Berührung steht mit dem Myriophyleto-Nupharetum und die Gesellschaft von Hydrocharis Morsus-ranae und Stratiotes aloides, leitet das Endstadium schon die Weiterentwicklung ein zum Cicuteto-Caricetum pseudocyperus oder die Gesellschaften des Af bandes. Diese beiden Phasen unterscheiden sich vom Typus durch eine Reihe von den entsprechenden vorangehenden und nachfolgenden Gesellschaften entnommenen Differentialarten. Die dritte dem Phragmition-Verband zugehörige Assoziation ist das Cicuteto-Caricetum pseudocyperus (vgl. Tab. IV, S. 268), das ausnahmslos die von dem Scirpeto-Phragmitetum oder anderen eutrophen Verlandungsgesellschaften aufgebauten Schwingrasen besiedelt. Diese Assoziation bildet das Endstadium des Phragmition und leitet das ihm in der Sukzession folgende Magnocaricion ein. Für die Sukzession vgl. Schema I, S. 291. Der Ordnung der Phragmitetalia gehort als dritter Verband das Magnocaricion an. Von den dazu gehörigen Gesellschaften sind hier drei aufgefunden und beschrieben worden: das Caricetum acutiformo-paniculatae (Vlieger et van Zinderen Bakker 1942), das Caricetum elatae (W. Koch 1926) und das Caricetum inflato-vesicariae (W. Koch 1926). Die von Graebner, Hueck, Tüxen, u.a. unter dem Namen ~ Caricetum gracilis” beschriebene Assoziation, konnte nicht aufrecht erhalten werden, wahrend Carex riparia und Carex acutiformis ihr Optimum im Caricetum acutiformo-paniculatae haben und Carex disticha als Charakterart dem Caricetum inflatovesicariae vorbehalten bleibt. Wie schon oben erwahnt, folgt das Caricetum acutiformo-paniculatae (vgl. Tab. V, S. 274) in der Verlandung auf das Cicuteto- Caricetum pseudocyperus, doch besiedelt bereits festeren wenn schon noch schwimmenden Torfbodem. Die Assoziation enthalt manchmal Fazies von Phragmites. Die Tab. VI, S. 278 gibt Aufschluss über die Zusammensetzung des Caricetum elatae, von dessen beiden regionalen Charakterarten, Carex elata und Senecio paludosa, die letztere für Holland nicht sehr bezeichnend ist, weil diese Art sich hier gelegentlich auch im Scirpeto- Phragmitetum und im Scirpetum maritimae findet. Das Caricetum inflato-vesicariae (vgl. Tab. VII, S. 281), das nach den in dieser Arbeit vertretenen Ansichten 4 Charakterarten aufweist: Carex vesicaria, C. inflata, C. gracilis und C. disticha wurde ebenso wie das seltenere Caricetum elatae in optimaler Entwicklung hauptsachlich an mesotrophen bis eutrophen Teichrandern in Flussund Bachauen und an den Ufern der Marschseeen aufgefunden. In der Verlandungssukzession eutrophen Gewassers besiedeln die beiden Gesellschaften die bereits stark angewachsenen und festgewurzelten Schwingrasen, sei es nur in fragmentarischer Entwicklung und in Mischung unter einander und von verdringenden Elementen Caricion fuscae-Verbandes durchzogen. Von den hier besprochenen Gesellschaften sind vor allem die Phragmition-assoziationen durch ihre Ertrage an Rohr und Binsen von wirtschaftlicher Bedeutung. Das Scirpetum maritimae in seiner Subassoziation von Alisma Plantago-aquatica bildet den geeigneten Standort für die Kultur der Mattenbinse ( Schoenoplectus lacustris), hauptsachlich verwendet zur Herstellung von Fuszteppiche. Eine technisch weniger wertvolle Binse, die Steinsimse ( Schoenoplectus Tabernaemontani). wird im Scirpetum maritimae typicum gezüchtet. Im Reindeltagebiet gewinnt man aber eine Steinsimse, die vorzüglich geeignet ist für die Anfertigung von Stuhlsitzen. Die Schilfbestande, welche die Endphase des Scirpetum maritimae bilden, werden für Rohrmatten geschnitten. Rohr für den Rohrdecker dagegen liefern die Phragmites-Fazies des Caricetum acutiformopaniculatae. Das Scirpeto-Phragmitetum spielt als Uferbefestigung von Kanalen u.a. eine wichtige Rolle. Durch Entwasserung, Mahd und Düngung werden die Magnocaricion-Gesellschaften, in erster Linie das Caricetum acutiformo-paniculatae, in Holcus lanatusreiche Wiesen umgewandelt.