Nach Betrachtung der einschlägigen Literatur ergab sich, dass die Priorität der Entdeckung der Osmose dem Abte Nollet (1748) zuzuschreiben ist. Weiter zeigte sich, dass die Permeabilität des Plasmas für endosmotische und exosmotische Strömungen nicht genügend als besondere Frage aufgefasst worden ist und letztere besonders wenig Gegenstand einer genauen Untersuchung gewesen ist. Wo das Studium der exosmotischen Strömungen unter Einfluss von plasmolysierenden lonen mir weniger richtig erschien, habe ich so viel wie möglich nur den Einfluss der Temperatur untersucht. Ob die Zellen, welche durch Einwirkung von verschiedenen Temperaturen eine erhöhte Permeabilität erhalten, lebend oder tot sind, lasse ich hier unbeantwortet, genau so wie Nägeli, de Vries und Bayliss es taten. Dass ich zur ersteren Auffassung neige, hat darin seinen Grund, dass die Untersuchungen mir bedeutende Unterschiede in der Reaktionsgeschwindigkeit des normalen lebenden Wurzelgewebes der roten Rübe zeigten. Dass Rübengewebe ein besonders günstiges Object ist für dergleichen Untersuchungen, beweist der Umstand, dass beinahe alle Forscher, die sich mit der Permeabilität befassten, dieses gebraucht haben: Nägeli, Sachs, de Vries, Hansteen Granne r, Lepeschkin und Co 11 and er. Die meisten von ihnen haben jedoch nur einige Versuche mit diesem Objecte gemacht. Dagegen dachte ich, dass grosse Reihen vergleichender Versuche nötig waren. Das Interesse jener Männer ist viel zu viel auf die maximalen und supramaximalen Temperaturen gerichtet gewesen, wogegen ich gerade den Nachdruck auf die inframaximalen gelegt habe. Dabei fand ich, dass eine grosse Anzahl Temperaturen denselben Einfluss ausüben konnten als die maximalen und höheren, wenn sie nur lange genug auf das Material einwirkten. Dass ein scharfer Unterschied besteht zwischen supramaximalen, maximalen und inframaximalen Temperaturen scheint mir nach meinen Befunden sehr fraglich, obwohl die drei Ausdrücke für die Praxis handlich sind. Durch die geringe Anzahl von Versuchen anderer Forscher ist es diesen entgangen, dass das Gewebe der Rübenwurzel auf Temperaturen sehr verschieden reagiert, je nachdem es aus dem oberen oder unteren Ende der Wurzel genommen wird, wobei ich an den von mir gefunden Unterschiede der Resistenz erinnere, die von der Basis nach der Spitze hin abnimmt, wenn auch nicht immer ganz gleichmässig. Dadurch, dass ich Monatelang mit demselben Object arbeitete, wurde meine Aufmerksamkeit gelenkt auf die natürlichen und allmählichen Übergänge (in ihrer Empfindlichkeit für Erhöhung der Temperatur) die bestehen zwischen 1. den Rübenwurzeln am Ende der ersten Wachstumsperiode, 2. denjenigen, welche in tiefer Winterruhe sind, 3. jenen, welche nach und nach aus der Winterruhe erwachen, 4. den Rüben, die die zweite Wachstumsperiode begonnen haben. Was hier von Resistenzunterschieden von ein und derselben Wurzel gesagt worden ist, kann noch mit dem Folgenden ergänzt werden, dass nämlich der Verlauf der Resistenz im vierten Stadium sich genau umgekehrt verhalten kann, also zunehmend von der Basis nach der Spitze. Ich arbeitete mit Gewebestücken, die ich Normalschnitte nannte, um an zu deuten, dass diese Stücke immer von gleicher Oberfläche und Dicke waren. Darauf beruht die Methode dieser Untersuchung. Es konnte der Einfluss der Vorbehandlung mit Wasser auf diese Normalschnitte und die damit erhaltenen Resultate gezeigt werden. Der Einfluss der Dicke und der Oberfläche der Normalschnitte auf die Entfärbungszeiten konnte in Zahlen gegeben werden. Es wurde in Übereinstimmumg mit Lepeschkin der Einfluss der pH des Zellsaftes auf den Widerstand des Protoplasmas gegen Erhöhung der Temperatur wahrgenommen, wobei sich zugleich ergab, dass die pH in einer und derselben Wurzel sehr verschieden sein kann. Das für solche Versuche gebrauchte Material muss nicht nur morphologisch (die Normalschnitte und ihre Anfertigung) sondern auch physiologisch (der Gebrauch von zwei Apparaten und andere methodische Vorsorgen) soviel wie möglich gleichwertig sein, was ausführlich bemerkt worden ist und was durch verschiedene Massnahmen ernstlich zu erreichen bestrebt wurde. Um den Verlauf von Entfärbungen zu untersuchen, wurde eine Methode ausgearbeitet, wobei eine natürliche Farbenskala angelegt wurde. Um den Verlauf der Entfärbung zu kontrollieren wurde von mir zum ersten Male das Kolorimeter gebraucht, was ich als die sicherste Methode betrachte um exosmotische Strömungen von gefärbtem Zellsaft in ihrem Verlauf zu registrieren. Ich richtete den Blick auch auf anderes Material als die Rübenwurzel und hielt es dabei für gut für eine Untersuchung mit einer Sachsschen Blattschere an anthocyanhaltigen Blättern methodische Anleitungen zu geben. Einige Resultate sind in dieser Abhandlung aufgenommen und beweisen die Ausführbarkeit einer solchen Untersuchung. Ich widmete mich mit besonderer Aufmerksamkeit einigen Versuchen von Sachs und den daraus von ihm gezogenen Folgerungen. Sachs legte eine Anzahl Normalschnitte einige Minuten in Wasser von 51 Gr. C., um sie dann schnell in Wasser von 22 Gr. C. über zu führen. Er sieht nun das Austreten des Anthocyans ungestört weiter gehen und dies beweist nach seiner Meinung, dass nicht allein der Diffusionsprozess beschleunigt wird, sondern dass die Zellen tatsächlich verändert sind. Ich habe durch einige Versuche dieses Resultat von Sachs geprüft und kam zu folgenden Ergebnissen, Die Erklärung von Sachs lässt an eine Fortsetzung bis zur vollkommenen Entfärbung denken, wogegen meine Resultate eine ganz andere Richtung anzeigen. Die Entfärbung geht wirklich nach dem Überbringen in eine tiefere Temperatur einige Zeit weiter, aber nirgends führt sie zu einer vollkommenen Entfärbung. Man könnte sich denken, die bei diesen Versuchen auftretenden Erscheinungen würden verursacht durch einen zeitlich fixierten Zustand des Protoplasmas sodass das Gewebe nicht reagiert wie sonst. x) Ich sah näml. bei anderen Versuchen bei einer ebenso plötzlichen aber weniger grossen Temperaturabnahme (5 oder 10 Gr. C.), dass das Vermögen, um in gewöhnlicher Weise zu reagieren, nicht aufgehoben wird sondern, dass die Reaktion unmittelbar darauf folgt. Diese eigenartige Erscheinung beim Nacharbeiten der Sachs sehen Versuche liess mich an eine Schock-Erscheinung denken, die in der Tierphysiologie so oft eine Rolle spielt. Diese Arbeit wurde hergestellt im Botanischen Laboratorium der Reichsuniversität Utrecht. Dem Director dieses Instituts, Herrn Prof. Dr. F. A. F. C. Wen t. möchte ich bei dieser Gelegenheit nicht versäumen meinen geziemenden Dank aus zu sprechen für das rege Interresse und die zahlreichen Anregungen, die ich im Verlauf dieser Untersuchungen von ihm entgegen nehmen konnte. Für die freundliche Hilfe bei der Übersetzung dieser Arbeit danke ich meinem Freunde A. Radermacher aufrichtig.