Hugo de Vries leitet seine Vorlesungen über „Arten und Sorten” („Soorten en Varieteiten”) ein mit drei sich auf die Entstehung der Arten beziehenden Aussprachen, resp. von Lamarck, Darwin und de Vries selber. Lamarck erkennt diese Entstehung als einen natürlichen Verlauf, nach Darwin erhebt dieser Verlauf den Anspruch auf Untersuchung, de Vries achiet eine experimentelle Versuchsanordnung dafür geboten. Diese Aussprachen sind zwar nicht als Vergegenwärtigung dreier prinzipiell verschiedenen Denkrichtungen auf zu fassen, doch findet man in ihren steigenden Karakter den Entwicklungsgang der biologischen Arbeit einigermaassen betont. Eine frühere Zeit beschäftigte sich hauptsächlich mit der Registrirung der Beobachtungen; später versuchte man durch Vergleichung der Begebnisse unter einander und mit möglichen Einflussfaktoren den Ursachen nach zu gehen; heut zu Tage ruft der Untersucher die Vorgänge durch von ihm selbst herbeigeführten Einflüssen hervor, um mit grösserm Rechte sich ein Urteil zu bilden. Zwar hat sich der denkende Mensch auch früher nicht begnügt mit der Notirung des Geschehens und höchstens mit dem Hervorheben der Meinungen Anderer, als wäre er nur Abbild des Famulus aus Goethe’s Faust. Es würde in hohem Maasse ungerecht sein, den Urheber der ersten Aussprache, und zahlreiche Zeitgenossen und Vorgänger zu verdenken, dass sie keinen tieferen Einblick verlangt hätten. Grosse Geister hatten ja zu jeder Zeit das Auge gerichtet auf einen möglichen kausalen Zusammenhang; vielfach aber fehlte es an den notwendigen Kenntnissen um ein stufenweises Zurückgreifen auf die Ursachen zu gestatten, und so lag es vor der Hand, über diese nächtstliegenden Triebkräfte hinweg zu setzen, und ohne Uebergang unmittelbar nach ein viel weiter entferntes Agens zu greifen. Es wurden also entweder allgemeine Natur-oder Lebenskräfte, oder ein Fatum, oder auch ein oder mehrere Schöpfer dafür verantwortlich gestellt, mit Hinweising auf welche zugleich die Endstufe der Forschung erreicht schien.