Unter den zahlreichen Monstrositäten der Pflanzenwelt die mein Freund J. J. Smith zu Buitenzorg (Java) sammelt und mir freundlichst zur Untersuchung zuschickt, fand ich zwei Exemplare von Melia arguta D.C., welche die Eigentümlichkeit zeigten schon sehr jung zu blühen. Diese Erscheinung erinnert an was die Zoölogen mit Paedogenesiskindliche Fortpflanzung-bezeichnen. Unsere Melia, ein Mitglied der Familie der Meliaceen, hat ihre Heimat auf den Molukken und gehört zu einem Geschlecht von hohen Bäumen, wiewohl sie selber nicht besonders hoch aufwächst. Mündlich teilte Herr Smith mir mit, dass er eine Anzahl von Exemplaren gefunden habe wie eins in unserer Figur ein wenig vergrössert abgebildet ist. Den Stengel von unten nach oben verfolgend sieht man zuerst die Narben der abgefallenen Samenlappen (cot) und darauf diejenigen des ersten ebenfalls verschwundenen Blätterpaares. Weiter aufwärts zeigt sich Ein tief eingeschnittenes Blatt und schliesslich eine einzige Blüte, welche merkwürdigerweise ziemlich normal ist. Der Kelch besteht aus 5 mehr oder weniger tief geteilten Sepalen (k), welche durchaus den Charakter von Laubblättern besitzen. Von der Krone fand ich nur vier Teile wieder von denen in unserer Figur zwei (c ... cl) bezeichnet sind. Zwei andere Blumenblätter sind an die gleich zu erwähnende Staubblätterröhre gedrückt. Alle vier sind von zarterem Gewebe als die Sepalen und zeigten nach Angabe vom Herrn Smith die Farbe von Fetalen. Normalerweise giebt es nach Miquel ') einen „calyx 5- raro 6- partitus” und sind die Fetalen „6 raro 6 lineari-spathulata”. Abgesehen von der Thatsache dass wir nur 4 deutliche Petala fanden, entspricht ihre Gestalt der Beschreibung ziemlich genau. Von den Staubblättern heiszt es bei Miquel: „tubus stamineus subcylindricus laxus apice 10-fldus, laciniis tripartitis, fauce intus antheris vulgo subapiculatis instructus.” Die Eöhre unseres abgebildeten Exemplars stimmt vollständig mit der Beschreibung überein, selbst die Zipfelchen der Tubus-Fortsätze fehlen nicht. Ein kleiner Auswuchs an der Aussenseite der Eöhre, der Stelle gegenüber wo das fünfte Petalum sitzen müsste, macht es wahrscheinlich dass die Krone schliesslich pentamer ist. Vom Pistill sagt Miquel: „ovariumdisco brevi insessum 5—6 loculare, loculis superposite biovulatis. Stylus columniformis, stigmate subcapitato 5-fldo, basi articulatim deciduo.” Stigma und Stylus entsprechen beide der Beschreibung, nur ist das Stigma nicht 5-spaltig, sondern B-lappig. Der Fruchtknoten der wegen der Scheibe ohne Schwierigkeit aus der Eöhre entfernt werden konnte, waid-fächerig mit je zwei Samenknospen über einander in jedem Fach. Das zweite in meinem Besitze befindliche Exemplar ist zwar etwas kleiner, übrigens aber dem Beschriebenen wesentlich ähnlich. Ob diese Blüthen wirklich keimfähige Samen erzeugt haben würden, falls die Pflanzen am Leben geblieben wären, Ist nicht zu entscheiden, und ob folglich der Ausdruck Paedogenesis nicht zu gewagt sei, möge dahin gestellt bleiben. Keinesfalls darf die Bezeichnung buchstäblich im Sinne der Entomologen aufgefasst werden, weil diese darunter eine ungeschlechtliche Fortpflanzung von Larven, wie diese bei einzelnen Dipteren beobachtet worden ist, verstehen.