Von der Zeit an, dass sich die Naturforscher eingehender mit dem Bau und Zweck der zuckerabscheidenden Drüsen beschäftigten, erhob sich auch die Frage, auf welchem Wege die süss schmeckende, sich klebrig anfühlende und oft angenehm riechende Flüssigkeit, die Ruellius bereits vor 400 Jahren als Nektar bezeichnet hat, die bisweilen sehr harte Oberhaut der Drüsen passiere. Je mehr und je gründlicher die Nektarien untersucht wurden, desto mehr gewann die Überzeugung Feld, dass ihre Struktur eine sehr mannigfaltige sei und der Sekretionsmodus daher auch nicht für alle Nektarien der gleiche sein könne. Man unterschied die zuckerabscheidenden Drüsen nicht nur ihrer Stellung an der Pflanze und ihrem Zwecke nach als florale und extraflorale resp. nuptiale und extranuptiale, eine übrigens recht willkürliche Einteilung, wie ich anderenorts ’) bereits erörtert habe, sondern auch der Struktur der Drüsenoberhaut und somit dem Sekretionsmodus nach in folg. Hauptgruppen: a. Drüsen, die nur mit permeablen Zellulosemembranen bekleidet sind, bei denen also keine Cuticularisierung dem Austritt des Sekrets itn Wege steht; b Drüsen, bei denen eine cuticularisierte Oberhaut zwar vorkommt, in der aber Stomata oder in „Saftventile” metamorphosierte Stomata den Durchtritt ermöglichen; c. Drüsen, die mit einem sehr dünnen Cuticulahäutchen bedeckt sind, bei denen jedoch zwischen diesem und den unterliegenden Zellulosemembranen keine cuticularisierten Schichten vorhanden sind und bei denen nach den Einen eine Sekretion nur durch Zerreissung dieses Cuticulahäutchens, nach den Anderen aber Dank der Permeabilität desselben möglich ist. Während nun über diese 3 Gruppen die Meinungen der Botaniker nie sehr weit auseinander gingen, herrscht über eine vierte Gruppe, bei der die sezernierenden Zellschichten nicht nur mit der eigentlichen, dünnen Cuticula, sondern auch noch mit darunter befindlichen, mehr oder weniger stark cuticularisierten Schichten bedeckt sind, noch heutzutage grosse Meinungsverschiedenheit. Es waren hauptsächlich Physiologen, die sich mit dem Sekretionsproblem der letzteren beschäftigten und die Botaniker, welche die verschiedenen Nektarien anatomisch und biologisch untersuchen, schliessen sich bald der einen, bald der anderen Sekretionstheorie an, wenn auch häufig ohne vollständige Befriedigung.